Maya, die Täuschung der materiellen Welt

Ein Thema, um auf dem Weg des Yoga mehr Klarheit zu bekommen

Auf der Suche nach dem Ursprung von Materie und Raum müssen die Astrophysiker nach wie vor auf eine definitive Erkenntnis verzichten. Ohne sich über die Quellen der Materie bewusst zu sein, liefern Erfinder kontinuierlich bahnbrechende technische Innovationen, die der denkende Geist materialisiert hat. Dabei besteht weder ein ausreichendes körperliches noch ein adäquates Bewusstsein über Materie und ihre Herkunft. Das liegt daran, dass unser Bewusstsein sich mit der Materie identifiziert. Wenn wir die Augen öffnen, erblicken wir die Natur, Objekte oder uns selbst. Wir können materielle Erscheinungen sehen, begreifen und fühlen sowie ihre Form und ihre Eigenschaften erklären.

SonnenfinsternisWissenschaftler definieren die Herkunft der Materie aus der Materie. Vor der Geburt einer Sonne sammelt sich kosmischer Staub, dieser lädt sich mit Energie auf und bildet den Nährstoff, der sich durch eine Zündung in Bewegung setzt. Mein voller Respekt gilt den Forschern, die zu solchen Erkenntnissen gelangt sind. Ein Fluss hat seinen Ursprung in seiner Quelle. Damit gibt sich der denkende Geist normalerweise zufrieden. Sicher wissen wir mehr über diese Quelle und den Kreislauf des Wassers.

Woher kommt aber, wenn es beispielsweise um die Entstehung einer Sonne geht, die Motivation, die den kosmischen Staub sammelt und zündet? Laut Newton bleibt Materie ohne Impuls träge. Wer ist demnach imstande, Staub in einen Körper zu verwandeln und ihn anschließend in Bewegung zu versetzen? Da der Impulsgeber unbekannt ist, bleibt uns lediglich die Materie, aus der heraus die Entstehung möglicherweise erklärt werden kann.

RegentropfenDer denkende Geist bleibt in seiner materiellen Denkstruktur verhaftet, und es gibt auch keine Formel, mit der sich der Schöpfergeist berechnen ließe. Solange unser Geist denkt, werden wir nicht in jene energetische Ruhe kommen, in der wir über diese schon so lange existierende Frage mehr herausfinden könnten.

Die Verstrickung in materielle Erscheinungen bleibt somit bestehen und ebenso die Illusion der Materie (Maya). Sie führt den Menschen in eine Art Sucht. Der Werdegang von Süchten ist uns bekannt, und so macht selbstverständlich auch diese Sucht keine Ausnahme. Süchte, das heißt, das Anhaften an zwanghaften Gewohnheiten oder die ständige Wiederholung zwanghafter Handlungen, haben ihren Ursprung in der Unausgeglichenheit des Nervensystems. Der denkende Geist mit seinen niemals endenden Wünschen, Meinungen, Vorstellungen und Bedürfnissen findet keine wirksame Methode, um von derartigen Vorstellungen frei zu sein.

Wir suchen unser Glück zu sehr im Außen, indem wir es uns kaufen oder eine besondere Leistung erwarten. Wir glauben, nur glücklich zu werden, wenn wir heute noch einen Tausendmeterlauf vollbringen, in der Stadt Kaffee trinken oder ein neues Kleidungsstück erwerben. Der konditioniert denkende Geist sucht unaufhörlich. Statt die Lösung in sich selbst zu finden, reist er lieber bis in fremde Galaxien, um dort sein Glück zu suchen. Sie mögen sagen: Was ist daran nicht in Ordnung? Das ist doch normal! Wenn da nicht diese leidvollen Spannungen wären, die Schmerzzustände und Aggressionen, die vielen Neider, der ungesunde Überfluss und die Vergiftungszustände.

SeifenblasenDer denkende Geist (materiell) verfügt über Kompetenzen, Wissen und Erklärungen, unterliegt aber auch Täuschungen. Der wahrnehmende Geist hingegen hat bereits gefunden und überzeugt mit seiner Weisheit, Wahrhaftigkeit und Unterscheidungskraft. Damit kann er sich selbst sehr nahekommen. Seine größte Stärke liegt jedoch in seiner ausgleichenden Wirkung auf den materiellen Körper. Diese einmaligen Fähigkeiten sind vom denkenden Geist nicht zu erwarten, ja, geradezu unmöglich. Das Suchen endet, wenn der entscheidende Teil des Bewusstseins in uns aktiv wird, der sich mit der Materie unseres Körpers auskennt.

Übertragen wir diese praxisnahe Erkenntnis auf das Universum, müsste es dort eine Energie geben, die einen zündenden, schöpferischen Einfluss auf Materie ausüben kann. Nennen wir sie „schöpferische Kraft“ – für die Yogis eine sehr vertraute Energie, Brahman genannt. Wiederum identisch mit Brahman ist Atman, unsere innere Schöpferkraft. Dabei geht es um die Flexibilität unseres Nervensystems sowie die grenzenlosen Fähigkeiten des denkenden und des wahrnehmenden Geistes mit ihren genialen Materialisierungsmöglichkeiten.

WassertropfenDie Kräfte unseres wahrnehmenden Nervenparts sind uns bislang jedoch weitgehend verborgen geblieben. Wir haben sie noch nicht wirklich wahrgenommen. Der Sog der materiellen Welt ist stark, sie zieht uns mit Macht in ihren Bann. Dabei handelt es sich nur um eine Gewohnheit, und wir könnten uns von ihr ebenso befreien wie von jeder anderen. Nur sind uns solche Gewohnheiten völlig unbewusst. Es wäre für uns nicht viel aufwendiger, uns davon zu entwöhnen, als eine Sucht nach Schokolade aufzugeben.

Ein zur Ruhe gekommener Geist, in dem die Kraft des Loslassens liegt, ist nicht länger an der Entstehung von kosmischer Materie interessiert. Die inneren Energie- und Wandlungsprozesse beeindrucken auf ihre ganz eigene faszinierende Art. Der Körper lebt aus sich selbst heraus, produziert Wärme körperlich und emotional. Es ist nicht mehr die Masse, die zählt. Auf dem Weg dorthin sind Spannungen, Belastungen aus der Vergangenheit, Ängste und Missgunst verarbeitet worden.

Wer die Verantwortung für derartige Seinszustände übernehmen kann, wird reich beschenkt. Das Hindernis durch Maya löst sich.

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