Mehr Transparenz für Yoga als Weisheitslehre

Yoga ist seit Jahrtausenden ein beispielhafter Erfahrungsschatz für alle, die an Gesundheit interessiert sind. Immunstärke, Selbstheilung und Erleuchtung, das sind die Themen, die uns alle schon immer in hohem Maße interessiert haben. Unter Yogaexperten war die Lehre der Yogadisziplin zunächst nur wenigen wirklich Interessierten zugänglich, zum einen, weil sie allgemein auf Desinteresse gestoßen ist, und zum anderen, weil sie nicht von allen gleichermaßen praktiziert werden konnte. Ähnlich wie im Mittelalter, als es darum ging, ob die Erde rund oder eine Scheibe ist, haben die Gelehrten ihre Augen verschlossen.

Wer Yoga lebt, hat keine Ängste, scheut keine Herausforderung und verfügt über ein außerordentlich beeindruckendes Immunsystem. Wer sollte daran nicht interessiert sein? Doch die Weisheit der Yogalehre, die zu einem stabilen Gesundheitszustand führt, wenn man sie denn anwendet, wird bis heute nicht nur mit Skepsis betrachtet, sondern sogar rundheraus abgelehnt.

Wer gehört zu diesen Skeptikern? Man findet sie in allen Bildungs- und Bewusstseinsstufen. Es fällt jedoch auf, dass es vor allem Akademikern und Wissenschaftlern schwerfällt, die Erfahrungswerte der Yogatradition zu akzeptieren. Die Wissenschaft mit ihren Standards der Objektivität und Überprüfbarkeit auf der einen Seite und die Erfahrungen aus Jahrtausenden auf der anderen Seite werden als Gegensätze betrachtet. Das müsste nicht sein, denn beides gehört zu den wertvollsten Errungenschaften der Menschheit.

Yoga ist keine Wissenschaft, sondern eine Weisheitslehre

Yoga kann und will keine Wissenschaft sein, er findet vielmehr auf einer ganz anderen Ebene statt. Wir haben im Yoga gelernt, den denkenden Geist zur Ruhe zu bringen, statt ihn bis zur Erschöpfung zu strapazieren und alles von ihm zu erwarten. Durch einen zur Ruhe gekommenen Geist entsteht ein Wissen, das sich vom intellektuellen Geist konträr unterscheidet. Während der denkende Geist neue Kenntnisse erwirbt, verfügt der wahrnehmende Geist über ein bereits vorhandenes Wissen. Absolutes Wissen, so wird es in der Yogatradition auch genannt. Anmaßend? Keineswegs. Denn Erkenntnisse über dieses seit Bestehen des Universums vorhandene Wissen beruhen nicht auf einer akademischen Bildung, sondern auf der spirituellen Intelligenz.

Das intellektuelle Wissen soll damit keineswegs abgewertet werden, doch ebenso hat das yogische Wissen Respekt verdient und sollte sich nicht immer wieder rechtfertigen müssen. Das Problem liegt darin, dass der Intellekt die Wirklichkeit, die er wahrnimmt, für objektiv hält. Nur was beweisbar ist und nachvollzogen werden kann, hat Gültigkeit. Das ist auf dieser Ebene in Ordnung. Im Yoga, um es für alle verständlicher zu machen, liegt der Beweis bei jedem einzelnen.

Die Beweise liegen in uns selbst

Wer Yoga praktiziert, kann die Wirksamkeit ausschließlich sich selbst beweisen. Wahrhaftige Erfahrungen, die der wahrnehmende Geist macht, sind weder relativ noch für die Öffentlichkeit glaubwürdig. Die Glaubwürdigkeit kommt lediglich jenen zu, die ebenfalls ihren intellektuellen Geist zur Ruhe bringen, den daraus resultierenden Nutzen für sich gewinnen und ihn sich so beweisen können. Das ist eine unwiderrufliche Tatsache. Gleichzeitig bedeutet das für den intellektuellen Geist, sein Wissen als lückenhaft hinnehmen zu müssen, denn ihm fehlt die wichtige zweite Hälfte, die Ergänzung durch den wahrnehmenden Geist.

Leider begnügt sich die Mehrheit aller Menschen mit Halbwahrheiten, und das mit Überzeugung. Die Unwirklichkeit wird zu gerne geglaubt, während die Wirklichkeit abgelehnt wird. Das ist der Stand des Bewusstseins bei uns allen. In der Realität identifiziert sich fast jeder mit der materiellen Welt der Erscheinungen und kann deshalb auch nur auf ein materielles Wissen zurückgreifen. Es bleibt eine Herausforderung, nicht allein die Energie des Adrenalins zu nutzen, die wir für unsere Tagesaktivitäten brauchen, sondern auch die durch das Melatonin ausgelösten Energieprozesse bei Nacht. Um die heilsame Wirkung des parasympathischen Nervensystems bewusst zu machen, sind Aufklärung und entsprechende Verhaltensrichtlinien notwendig.

Loslassen, was uns die Energie raubt

Für mehr Energie lassen wir los, statt anzuspannen; brauchen wir erholsame Tiefschlafphasen, statt mit den Zähnen zu knirschen; gewinnen wir den Atem, statt ihn für sinnlose Verarbeitungsprozesse zu verschwenden; nehmen wir weniger Nahrung zu uns, um mehr Energie bis in das zentrale Nervensystem zu bewegen; lösen wir uns von Konditionierungen, die unsere Lebensenergie missbrauchen; vertrauen wir uns selbst mehr als anderen; lassen wir unbedeutende Nachrichten hinter uns zugunsten unseres Wohlbefindens. Unsere Gedanken sollten zur Ruhe kommen, um die zweifelsfreie Wirklichkeit zu erfahren. Immunsysteme werden stärker, Ängste lösen sich auf, Meinungen relativieren sich. Selbsterkenntnisprozesse schaffen Lösungen, statt in die Selbsttäuschung zu führen.

Für den Wandel lasst alles los, was euch beengt, beängstigt und die Energie raubt. Diese Aufwendung benötigt einen flexiblen Geist, und dadurch gelingt es uns immer besser, lähmende Gewohnheiten in energievolle Prozesse umzuleiten. Unser Körper folgt grundsätzlich den Anweisungen seines Geistes. Irritationen und Diskussionen kommen zu einem lang ersehnten Ende. Direkt danach und in einem fließenden Übergang wendet der Parasympathikus in uns seine weise Intelligenz an. Wem es gelingt, dieser offensichtlichen Intelligenz zu folgen und sich ausschließlich nach ihr zu richten, wird in einen Energiezustand geführt, der durchaus als Erleuchtung bezeichnet werden kann. Sehr einfach, extrem natürlich, total beeindruckend.

Die Weisheit des Yoga muss transparent werden

Es ist seit langem überfällig, die yogische Weisheit in klarer und verständlicher Sprache einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es sollte transparent werden, dass Yoga über die Körper- und Atemübungen hinaus noch weitere Dimensionen aufweist. Das Vortragen heiliger Texte aus Büchern ist dabei wirkungslos, gebraucht werden vielmehr Erfahrene, die durch ihr Selbststudium überzeugen können. Wer hat etwas durch sich selbst gelernt? Und sich vertrauensvoll davon leiten lassen, statt den Trends der Mehrheit zu folgen und blind die Erkenntnisse von anderen zu übernehmen.

Gerade in dieser Zeit, wo Angst und Unsicherheit herrschen, wäre es für viele Menschen hilfreich, sich der Energie zuzuwenden, die daraus entsteht, wenn der Geist zur Ruhe kommt. Und endlich zu verstehen, was so oft zitiert wird: In der Ruhe liegt die Kraft.

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Yogaübende: B Ban; Auge: Daniel Hannah; Wassertropfen: Perez Vöcking; Rose: Farningo