Ohne Zweifel bringen Aufenthalte an schönen Urlaubsorten Erholung und Entspannung. Doch wie nachhaltig, wenn wir mal ganz ehrlich sind, ist so ein Urlaub wirklich? Die meisten Menschen setzen ihre Hoffnungen auf Urlaub, Entspannungsseminare oder Retreats in Klöstern oder an spirituellen Orten. Sie sehnen den Urlaub herbei und zählen die Tage: nur noch eine Woche, nur noch drei Tage, und dann …
Zu viel wird oft von dieser kurzen Auszeit erwartet, und nicht selten folgt die Enttäuschung. Der über viele Monate angesammelte Stress kann nicht innerhalb weniger Tage abgebaut werden. Das Immunsystem ist überfordert, und der Körper reagiert mit den unterschiedlichsten Symptomen. Entsprechende Reaktionen können sich oft genug schon während des Urlaubsaufenthaltes und leider auch unmittelbar nach dem Ende der Erholungszeit einstellen.
Ein Urlaub selbst kann Stress bedeuten! Die Vorbereitungen, die Reise, die Umstellungen, das Zurückkommen und nicht zuletzt der mühsame Neustart im Berufsalltag, all das strapaziert die Nerven. Wir haben uns nicht grundlegend erholt, möglicherweise hat sich der Stress in der Freizeit noch potenziert, und der Widerstand gegen die Rückkehr ist an den letzten Urlaubstagen deutlich gewachsen.
Der intellektuelle Geist jedoch sieht keine Probleme – wieso auch? Der Urlaubsort war doch genial, der Hotelaufenthalt (all inclusive) hat die Erwartungen übertroffen, und der Flug lief perfekt nach Plan. Nur unser Körper reagiert bedauerlicherweise konträr zu dem, was der Geist sich vorstellt. Mit seinen Symptomen präsentiert er uns eine Wirklichkeit, die wir gar nicht wahrhaben wollen. Reaktionen dieser Art erleben wir immer öfter. Gleichzeitig aber besteht eine Diskrepanz zwischen Realität und Wunschvorstellung. Dabei hätte der Urlaub doch eigentlich der Erholung dienen sollen.
Der lange Weg zur Erfüllung
Wie viele Jahre unserer endlichen Lebenszeit wollen wir noch an Urlaubsorten verbringen, um danach festzustellen, dass wir uns selbst kaum einen Schritt nähergekommen sind? Die inneren Spannungen bestehen unverändert fort. Was haben uns diese Urlaube denn letztlich und ehrlicherweise gebracht?
Damit wir diese Frage beantworten können, brauchen wir Durchblick, besser gesagt: Unterscheidungskraft (Viveka) und Wahrhaftigkeit (Satya). Solange der denkende Geist nicht zur Ruhe kommt, wird er nur allzu gerne falsche Annahmen treffen, womit er dann gerne sein Gewissen beruhigt. Innere Zustände, die oft einer dringenden Bearbeitung bedürfen, werden unbewusst akzeptiert und dadurch fortgesetzt.
Auf diese Weise schieben wir die persönliche Pflicht, uns selbst von Spannung zu befreien, immer weiter vor uns her. Das ist nicht weiter verwerflich, doch solange der innere Urlaubsort noch nicht realisiert werden konnte, bleiben äußere Urlaubsorte wirkungslos. Auf lange Sicht reicht unseren Nerven so ein Erholungsort, der uns nie wirklich ganz zufriedenstellen kann, nicht aus. So kann ein ganzes Leben verstreichen. Der Wunsch nach Zufriedenheit und innerem Glück konnte nicht erfüllt werden. Doch genau darauf kommt es an.
Wer verlässt schon gerne diese Welt in einem unerfüllten Zustand? Hier spielt unser innerer Urlaubsort eine wesentliche Rolle. Doch dieser besondere Ort lässt sich nicht buchen. Er bildet sich aber im Laufe des Lebens durch kontinuierliche Übung im Umgang mit dem Atem und den Nerven.
Ein Meilenstein wird erreicht, wenn wir erkennen können, wie das Vertrauen in uns selbst immer stabiler wird. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir schon einen langen Weg zurückgelegt, mit unzähligen Auseinandersetzungen und Überwindungsprozessen. Wir haben Dinge losgelassen, die uns ablenken und uns überhaupt nicht weiterbringen, zugunsten einer Übung an uns selbst, die uns zur Zufriedenheit und innerem Glück bewegt.
Der innere Urlaubsort: immer dabei
Ist der innere Urlaubsort stabil, bleibt er ein Leben lang erhalten. Voraussetzung dafür ist die anhaltende Einsicht, dass Lebensenergien kontinuierlich zu pflegen und zu nähren sind. Nun befinden wir uns zu jedem Zeitpunkt am richtigen Ort. Urlaub im herkömmlichen Sinne dagegen führt nur selten zu mehr Energie und kann nebenbei auch die Umwelt belasten.
Wem es gelingt, immer wieder in eine tiefe Entspannung zu kommen, kann eine entscheidende Erfahrung machen: Spannungen karmischer Art können sich lösen und zu einem Durchbruch in eine neudimensionierte Wahrnehmung führen. Nebensächlichkeiten, die zuvor Priorität hatten, rücken in den Hintergrund zugunsten der neuen Erfahrung, die uns etwas sehr Wesentliches erkennen lässt. Sich an diesen entscheidenden inneren Hinweisen zu orientieren, fällt nun eindeutig leichter, als irgendwelchen Anordnungen anderer zu folgen. Der starke, wegweisende Energieprozess, den wir aus uns selbst heraus in Gang gesetzt haben, gibt den weiteren Weg nun sehr überzeugend vor, und es fällt nicht mehr schwer, ihm zu folgen.
Das Ankommen in uns selbst schenkt uns Erfüllung und stellt das unerfüllte Dasein in den Schatten. Dies zu erkennen und danach zu handeln, ist bewegend. Das ausgleichende Gefühl kann kaum mit Worten beschrieben werden, so tiefgreifend ist diese Erfahrung. Der nun langsam expandierende innere Urlaubsort lässt Energie in einem Ausmaß entstehen, wie ein Aufenthalt an Stränden, im Gebirge oder in fernen Ländern es niemals vermag. Sehnsüchte gehen in Erfüllung, so als hätte man nach langer Suche eine Quelle mit frischem Wasser gefunden.
Ja, der Mensch ist angetreten, um sich die Erde untertan zu machen. Doch er hat seine Grenzen weit überschritten und sich selbst in diesem Wettbewerb vergessen, weil sein kreativer, rastloser Geist nicht zur Ruhe kommt.
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