Yoga war ursprünglich eine wissenschaftliche Geheimlehre, die auf der Beobachtung kosmischer Gesetze beruhte. Für die Öffentlichkeit war sie nicht zugänglich. Das hat sich inzwischen längst geändert: Yoga ist auch bei uns im Westen angekommen, und jeder, der sich dafür interessiert, kann es praktizieren oder sich berufen fühlen, sich dazu zu äußern.
Geheim ist die Lehre also nicht mehr – was aber nicht bedeutet, dass sie leicht konsumierbar geworden ist!
Die Existenz eines jeden Körpers, den die Natur hervorbringt, beruht auf den gleichen kosmischen Naturgesetzen, vor Millionen von Jahren ebenso wie heute. Wollen wir diese Gesetze nutzen, um Ordnung in unserem Körper-Seele-Geist-Dasein zu schaffen, führt kein Weg daran vorbei, diese Gesetzmäßigkeiten zu erlernen.
Yoga bietet seit Jahrhunderten ein erprobtes Wissen über die ordnungsgemäßen Zusammenhänge der Strukturen von Körper, Seele und Geist. Wollen wir diese Naturgesetze erfahren und verstehen, reicht es nicht aus, einfach Yogabücher zu lesen. Das Selbststudium der klassischen Yogaschriften kann zwar eine theoretische Grundlage schaffen, doch benötigen wir vor allem eine fundamentale aktive Yogapraxis (Asanas, Pranayama).
Schon gar nicht reicht es aus, sich moderne illustrierte Yogabücher anzuschaffen oder ab und zu einmal einen Yogakurs zu belegen. Leider haben sich solche oberflächlichen, wirkungslosen Verhaltensweisen im Westen zu sehr durchgesetzt. Das geht unter anderem auf das Konto einiger Prominenter, die es sich aufgrund ihrer Popularität erlauben können, in den Medien leichtfertig undifferenzierte Aussagen über Yoga zu verbreiten.
Yoga basiert auf den Erfahrungen von mehreren tausend Jahren.
Dahinter steckt ein fundiertes Wissen, das dokumentiert worden ist (Veden, Upanishaden, Patanjali, Hathayogapradipika oder Bhagavad Gita).
Die immer wiederkehrenden oberflächlichen Aussagen von Prominenten über Yoga werden von vielen, die sich schnell beeindrucken lassen, zu leichtfertig als richtig verstanden. Das führt auf Dauer zu einem mangelhaften Verständnis der traditionellen Yogaphilosophie. Yoga ist nicht, wie oft angenommen, bloße Entspannung. Das lässt sich besser in der Sauna oder am Strand erledigen.
Yoga bedeutet, ein Leben zu führen ohne Probleme und Spannungen inmitten unserer stressigen Welt.
Das bedarf einer konsequenten Disziplin. Ein Leben ohne Probleme könne es aber niemals geben, argumentieren viele meiner Zuhörer. Dabei versucht doch jeder von uns, genau so ein Leben zu verwirklichen. Selbst noch ein Bankräuber meint, nach einem Raubüberfall nun endlich sorgenfrei leben zu können. Jeder von uns versucht 24 Stunden am Tag, mit allen Mitteln ein spannungsfreies Leben zu erreichen: durch Leistung, Tugend und heilige Sprüche oder durch Täuschung, Betrug, Korruption und sogar Mord. Ein besonders bewährtes Mittel scheint das Ansammeln von Geld und Gütern zu sein.
„Du musst ein Schwein sein“ – und dann?
„Du musst ein Schwein sein“ reicht gerade einmal aus, um viel Geld anzuhäufen. Und was dann? Wo bleibt der innere Reichtum? Wer sich auf materiellen Reichtum beschränkt, wird scheitern. Er riskiert viel. Sicherlich kommt niemand ohne materielle Dinge aus. Jeder muss haben, was er braucht. Doch ein materielles Leben allein führt zu einer unausgeglichenen Energielage, und dies wiederum bringt Leid und Sorge mit sich. Die materielle Welt ist verführerisch und täuscht darüber hinweg, dass es das Unsichtbare ist, das das Sichtbare formt. Wer dies nicht durchschaut, begibt sich auf unwegsames Gebiet.
Ein denkender Geist, der es nicht schafft, in den wahrnehmenden nichtmateriellen Geist (Parasympathikus) zu transformieren, erkrankt an mangelnden Erkenntnissen des denkenden Geistes. Während der intellektuelle Geist ein Leben lang hochgezüchtet worden ist, blieb der wahrnehmende, ausgleichende Geist zum größten Teil unbeachtet. Dadurch verkümmerte unsere heilende Kraft.
Undifferenzierter Medienrummel degradiert den Yoga.
Über die wirklichen Tiefen des Yoga wird in der Öffentlichkeit so gut wie nichts verkündet, weil denjenigen, die sich dort zu Wort melden, Wissen und Selbsterkenntnis fehlen.
Kundiges yogisches Wissen ist z. B. sowohl der Schulmedizin als auch der Krankengymnastik definitiv fremd. Der letztere Bereich bedient sich gerne verschiedener abgeschauter Yogaübungen ohne fundiertes yogisches Hintergrundwissen. Dabei erklärt sich der Begriff Kundalini, wenn überhaupt, durch ein jahrzehntelanges Selbststudium und nicht durch wahlloses Aneinanderreihen klassischer Asanas.
Yoga ist weder eine Religion, noch gibt es einen verantwortlichen Gott. Die göttlichen Kräfte, um die es im Yoga geht (Shakti, Shiva, Vishnu, Brahman, Atman) usw. bilden in ihrem kreativen Zusammenspiel die belebende Kundalinikraft, die Grundlage aller existierenden Wesen. Von dieser Kraft hängt unser bedingungsloses Wohlbefinden ab, ein Leben ohne Konflikt. Darüber sollten keine oberflächlichen Aussagen verbreitet werden.