Annäherung an Gott

Kein Begriff hat auf unserem Planeten für mehr Aufsehen, Verwirrung, Unverständnis, Elend und Leid gesorgt als der Name, der einen Mythos prägt, nämlich Gott.

Wer sich selbst versteht, versteht auch Gott. Wer sich selbst nicht versteht, wird Gott nie verstehen. Religionen gleich welcher Art verehren mit Inbrunst ihren selbst erkorenen Gott. Das ist in Ordnung so – gäbe es da nur nicht diese vielen Missverständnisse, die schon zu Morden geführt und Kriege ausgelöst haben. Freundschaften, Beziehungen und Ehen werden schwierig bis unmöglich.

Ich glaube, dass es in Wirklichkeit gar keinen Gott, wie ihn viele sich vorstellen, gibt. Stellvertretend für Gott werden andächtig und nach strengen Regeln Figuren oder Bilder angebetet. Dabei handelt es sich meist um einen Gott, der sich in der äußeren Welt befinden soll, oder um einen sogenannten einst Mensch gewordenen, jedoch bereits lang verstorbenen Gott.

Ich bin mir sicher, dass sich das Faszinosum der Natur einem Schöpfer, einem Gott zuordnen lässt. Aber niemand kennt die Schöpfungsgeschichte wirklich. Es gibt ausschließlich Spekulationen. Eine Spekulation stellt eine Vermutung dar und ist keine Beschreibung der Wirklichkeit. Aus Respekt vor dem Wunder der Natur wurden, solange es Menschen gibt, Götter verehrt. Dabei wird zu gerne und immer noch ein fiktiver äußerer Gott angebetet. Das hat sicherlich etwas mit Demut zu tun und mit der Hilflosigkeit der Menschen gegenüber den mächtigen Naturgewalten.

Brahman und Atman: der äußere und der innere Gott

In der hinduistischen Philosophie heißt der Gott aller äußeren Schöpfungen Brahman. Er steht für die absoluten, konstanten und immer wiederkehrenden Energieprozesse. Der Mensch ist gewiss eine tatsächliche Erscheinung dessen. In jedem Lebewesen, gleich ob Pflanze, Tier oder Mensch, natürlich auch in jeder Form von Materie oder Raum, repräsentiert sich die schöpferische Energie Gottes, der Schöpfer allen Seins.

Doch wo befindet sich dieser Gigant des Kosmos, der bisher noch von niemandem gesichtet worden ist, außer in seinen genialen Erscheinungen? Die Frage bleibt konstant unbeantwortet. Also, warum in die Ferne schweifen? So fragte einst Goethe. Zu diesem Thema, das Menschen seit Jahrtausenden beschäftigt, liefern erfahrene Yogameister Indiens eine geradezu geniale Aussage: Gott regiert auch in uns. Atman wird dieser in uns existierende Gott genannt.

Die schöpferischen Erscheinungen der äußeren Welt sind also Brahman zuzuordnen, während Atman für unseren inneren Kosmos zuständig ist. Genauer gesagt handelt es sich um ein und denselben Schöpfergeist, der für alle Energieprozesse verantwortlich ist. Eine solche Differenzierung kann jedoch einiges Unheil verhindern. Es ist aus diesem Grund weise, sich den inneren Naturgesetzen zuzuwenden, statt in der äußeren Welt enttäuscht zu werden. Der äußere und der innere Gott sind identisch. Nur handelt es sich um andere Dimensionen.

Der Weg nach innen

Der Weg nach innen Richtung Atman, hin zu den genialen Möglichkeiten, durch sich selbst etwas zu wandeln (z. B. Nahrung in Energie und nicht in Spannung zu verarbeiten), ist einfach und naheliegend. Doch Menschen sind kompliziert, denn sie greifen zu gerne nach dem Unerreichbaren. Eines Tages, so war es schon oft genug, werden wir alle wieder auf Normalnull zurückgeführt.

Die Spirale der Unzufriedenheit dreht sich unaufhaltsam weiter. Doch das muss nicht für jeden so sein. Das haben oft genug sogenannte Weise bewiesen. Für sie konnte sich die Sicht auf sich und die Welt umkehren, und so haben sie die Fülle und das Wohlbefinden aus sich selbst heraus gestaltet, ohne äußere Götter dafür verantwortlich zu machen. Das ist eine hohe Kunst des Bewusstseins.

Befreie sich jeder von Zweifel und Besserwisserei, um sich schmerzhafte Umwege zu ersparen und mehr Vertrauen in sich selbst zu gewinnen. Dadurch verändert sich die Bedürfnislage für die eigene Gesundheit. Der Weg nach innen ist mit weitaus weniger Illusionen verbunden, als wenn wir uns mit Spekulationen über die äußere Welt abgeben, die uns oft enttäuschen und nicht selten an andere weitergegeben werden.

Bildquelle: Pixabay